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Hildegard von Bingen
Garmana

Steuereintreiber Holger steckt zuviele Einnahmen in die eigene Tasche. Zur Strafe wird er geköpft. Als lebender Toter erscheint er seiner Frau und fordert: "Gib alles zurück, sonst kommst du in die Hölle!" - Mit skurilen mittelalterlichen Texten voller Blut, holden Jungfern, mehr oder weniger edelmütigen Rittern, (un)glücklichen Liebespaaren, Werwölfen, Mord und Liebe verdrehen Garmarna ihren Protagonisten und uns den Kopf. Mythen längst vergangener Zeiten werden lebendig. Und wie! Denn die Musik schlägt Brücken über Jahrhunderte und zwischen musikalischen Welten.

Einen Großteil des Gerüstes der Musik bilden traditionelle schwedische Melodien und rauhe, von der schwedischen Mythologie beeinflusste Balladen. Das Herz ist der immer präsente dröhnende (Grund)Ton von Saiteninstrumenten, speziell des Leierkastens, charakteristisch für schwedischen Folk. Die traditionellen Instrumente wie Fiedel, Violine, Leierkasten und Maultrommel agieren vor einem atmosphärischen Soundteppich aus unkonventionellem Schlagzeug- und Perkussionspiel, E-Gitarre, Samples, Loops und computergenerieren Sounds. Über all dem schwebt der schneidende Gesang von Emma Härdelin, deren Stimme ein amerikanischer Kritiker mit den Worten umschrieb, sie könne nicht nur Glas, sondern auch Kontinentalplatten zersingen und mit ihrer Intonation jedem Ungerechten das Jüngste Gericht auf den Hals hetzen. Auf jeden Fall bildet sie mit der Klarheit und Helligkeit ihrer Stimme einen spannenden Kontrast zu der eher düsteren Stimmung der Musik (was selbst dann faszinierend ist, wenn man die Sprache nicht versteht).

Nicht nur der innovative Umgang mit altem schwedischem Text- und Liedgut weist den Weg in eine neue Richtung des Folk - verstärkt trägt die Band auch mit eigenen Kompositionen aktiv zur Standortbestimmung moderner Folk-Rock-Musik bei, ohne dabei traditionellen Boden unter den Füßen zu verlieren. Von Album zu Album haben sie sich in den vergangenen Jahren musikalisch und was den Einsatz von Technik als Hilfsmittel betrifft, kontinuierlich weiterentwickelt. Die Erwartungen an "Vedergällningen" waren dementsprechend hoch, und es hat fast ein Jahr länger gedauert als geplant, bis das Album endlich fertig war. Doch das hat sich gelohnt. - Übrigens: Holgers Frau will nicht in den Himmel. Sie entscheidet sich für ein Leben in Reichtum.

Die am häuftigsten gestellte Frage: Was heißt "Garmarna"?
Garmarna ist der Plural von "Garm", dem Namen des Hundes oder Wolfes, der in der nordischen Mythologie die Tore zur Hölle bewacht. Ausserdem kündigt er die Ankunft Ragnaröks (Armageddon) an, indem er heulend aus seiner Behausung kriecht. "Garmarna" spricht man mit einem harten "G" aus, die Betonung liegt auf der ersten Silbe (da die schwedische Sprache jedoch etwas seltsam ist, liegt auf den anderen Silben auch eine Betonung, nur etwas weniger).

Mehr Infos und Bilder zu Garmana bei Westpark

History
1990 Januar, Sundsvall, Schweden. Angeregt durch die volkstümlich-mystische Musikuntermalung einer schwedischen Hamlet-Aufführung beschliessen die Rockmusiker Stefan Brisland-Ferner, Gotte Ringqvist und Richard Westman eine eher folk-orientierte Band zu gründen. Die Suche nach alten Instrumenten und Melodien beginnt ...

1991 erste öffentliche Auftritte mit respektablem Repertoire. Unter dem Namen "Garmarna" erspielen sie sich im lokalen Rahmen einen Namen.

1992
spielt das Trio erstmals ausserhalb von Sundsvall auf dem Umeå Folkmusic Festival (auf dem sie später regelmäßige Gäste werden sollten). Aufgrund des Interviews eines begeisterten Radioreporters werden sie zum größten aller schwedischen Festivals, dem Hultsfredsfestivalen, eingeladen. Um dem Charakter dieses Festivals mit dem Schwerpunkt Rock Rechnung zu tragen, begleitet der Drummer Jens Höglin das Trio. Die Newcomer stellen eindrucksvoll unter Beweis, daß ihre Musik durchaus in der Lage ist, auch die Anhünger von weniger traditionellen Stilrichtungen zu begeistern. Im Publikum in jener legendären Augustnacht: Emma Härdelin, spätere Vokalistin der Band und Mats Hammerman (Massproduktion), der ihnen noch in der selben Nacht einen Plattenvertrag anbietet. - Im Herbst starten die Aufnahmen zur ersten Produktion. Jens Höglin an den drums ist nun als festes Mitglied dabei; Emma Härdelin wird als Gastsängerin eingeladen.

1993 Im Frühjahr erscheint die Debut-EP "Garmarna". Enthusiastische Pressereaktionen ermöglichen es der Band, ganze Tourneen statt spontaner Einzelgigs durchzuführen. Emma Härdelins ständige Bandmitgliedschaft wird in einem Interview bekanntgegeben (allerdings ohne, daß sie davon wußte). Das Element des Gesangs eröffnet der Band neue Sounddimensionen: sie haben nun Zugang zu dem reichen Schatz mittelalterlicher Balladen. - Im Herbst beginnen die Aufnahmen an der ersten Long Play Produktion; erstmals kommen Samples und Sequenzer zum Einsatz.

1994 Am 18. April erscheint "Vittrad", wird auf der Stelle bei Presse und Publikum ein durchschlagender Erfolg und etabliert die Band in Schweden, Norwegen und Finnland. Hier nimmt die musikalische Entwicklung ihren Anfang: Computer, E-Gitarre und Synthesizer erzeugen zusätzlich zu den mittelalterlichen Instrumenten einen modernen Hintergrund für die herben schwedischen Melodien. Eine Fusion, die Garmarna ohne Verlust an Originalität und Bodenständigkeit vollzieht. Später sollte das Album für den Schwedischen Grammy als bestes Folkmusik-Album 1994 nominiert werden. Den Rest des Jahres verbringen die fünf Höllenhunde on the road - eine Zeit, die den Grundstein für die Reputation der Band als exzellenten live act legt. Erstmals sind Auslandsauftritte dabei, darunter auch einige in Deutschland.

1995 "Vittrad" erscheint in den USA, Deutschland, Schweiz, Österreich und Benelux. Im März absolviert die Band die erste Tournee durch Nordamerika; im Sommer touren sie in Schweden, Deutschland, Norwegen und Finnland. Höhepunkt ist der Auftritt auf dem Stockholmer Wasserfestival vor mehreren zehntausend begeisterten Zuhörern.

1996 Im Januar geht die Band auf ausgedehnte 14 gig-Tournee in Deutschland. Gerade rechtzeitig VOR der Veröffentlichung des neuen Albums "Guds Spelemän" Ende Februar (was für ein timing!). Die Spielleute Gottes legen nun mehr Gewicht auf Emma Härdelins wunderschöne Stimme - es gibt lediglich einen Instrumentaltitel auf dem Album. Aus der anfänglich mit dem Attribut "vielversprechend" belegten Sängerin ist eine der besten geworden. Produziert von Sank (Clawfinger, Killing Joke, Paradise Lost, Peace Love & Pitbulls) ist das Album etwas rockiger, ohne die traditionellen Pfade aus dem Auge zu verlieren. Wie üblich hat die Band wundersame, -schöne und alte Texte gesammelt, voller Blut, Ekel, edlen Jungfern, mahnenden Toten, Rittern, Werwölfen, enthaupteten Steuereintreibern und Ähnlichem und das zu ihrem speziellen schweren Gemisch verarbeitet. Auch Zeitgenössisches hat Eingang in das Repertoire gefunden: "Njaalkeme/ Hunger" ist ein Gedicht der Schauspielerin Cecilia Persson, das die wundersame Reaktion der Natur auf ihre bevorstehende Zerstörung beschreibt. Und mit "Drew Drusnaar/Heute so wie immer" sogar ein zünftiges Trinklied. - Die Reaktionen der Kritik ist überwältigend. In Schweden behauptet sich das Album sogar in den Verkaufscharts und wird bereits zu Recht als "Klassiker" bezeichnet. Garmarna spielt 1996 mehr als 70 gigs, davon die Hälfte ausserhalb Skandinaviens in Deutschland, der Schweiz und den USA.

1997 Im Januar macht die Band einen kurzen Abstecher nach Deutschland, um in Plauen den "Eisernen Gustav" für den 1996er Auftritt beim Malzhaus Festival entgegenzunehmen. Auf der Gala-Veranstaltung der Schwedischen Grammy-Preisverleihung am 17. Februar erhält die Band den Grammy für das beste Folkmusik-Album des Jahres 1996 "Guds Spelemän". In Nordamerika erobert Garmarna die New World Music Charts der College Radios und die Top Ten Playlist des French National Radio (als erste nicht englisch oder französisch singende Band). Im August ziert das Bandfoto das Titelblatt des renommierten Musikmagazins "Billboard". - Das Jahr bringt eine Überraschung für die schwedischen Garmarna-Fans: die Band nimmt an der schwedischen Endausscheidung für den Grand Prix Eurovision de la Chanson teil, dem mit Abstand größten Medienereignis des Landes. Komponisten des Songs sind Mats Wester und Py Bäckman, das Team hinter Nordman, die in Skandinavien für ihre Verkäufe mehrfach Platin erhalten. Teile der Presse stehen der Teilnahme Garmarnas an einem derartig kommerziell aufgeblasenem Spektakel äusserst skeptisch gegenüber; die Band selbst sieht das pragmatisch: man spielt und ganz Schweden sieht zu! Ausserdem wird der Song im typischen Garmarna heavy Sound präsentiert. - Der Sommer sieht überwiegend Festivalauftritte in Dänemark, Deutschland, der Schweiz und Belgien.

1998 sollte ganz im Zeichen der Arbeit an einem neuen Album stehen, dessen Erscheinen eigentlich schon im späten Frühjahr geplant ist. Im April und Mai stehen Tourneen in Portugal, Spanien, Deutschland, Schweiz und Belgien an, im Sommer das Falun Folk Festival in Schweden und Festivals in Finnland. Ebenfalls auf dem Programm steht eine Konzertreise mit Werken der Ärztin, Theologin und Äbtissin Hildegard von Bingen, eine der bedeutendsten Frauen Deutschlands (1098 - 1179, Benediktinerin), die sehr eigenständige und neuschöpferische Kompositionen eigener lateinischer Dichtungen geschaffen hat. - Die letzten Mixe für das neue Album "Vedergällningen" werden am 31. 12. 1998 fertig. Wiederum produziert von Sank, finden zehn Titel den Weg auf das Album; der elfte,"Kronungen och trollkvinnan", wird als Bonustrack auf der ersten Single "Gamen" veröffentlicht.

1999 Im Januar tritt die Band im Rahmen der Eröffnungsgala der renommierten internationalen Fachmesse MIDEM in Cannes auf. Im Februar Produktion des Videos "Gamen" und am 24. Februar Veröffentlichung von "Vedergällningen" in Schweden, einen Monat später in Deutschland, Österreich, Schweiz, Benelux.

    Veröffentlichungen:
  • "Hildegard von Bingen" - 2001
  • "Vedergällningen / Vergeltung" - März 1999
  • "Gamen" - CD-Single + bonus track + CD-R-Video - 1999
  • "Guds Spelemän" - 1997
  • "Vittrad" - 1995
  • "Garmarna" - 1994
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